Das Osterevangelium (Markus 16, 1-8) – mit offenem Ende
Als der Sabbat vergangen war, kauften Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben. Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging. Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?
Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß. Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich.
Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten. Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingeht nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.
Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemand etwas; denn sie fürchteten sich.
Liebe Leserin, lieber Leser!
Wie viel traue ich dem Wort zu: „Er ist auferstanden?“
Wie viel traue ich Ostern 2021 der Botschaft vom Leben, das den Tod überwunden hat, zu?
Wenn da heute ein Engel wäre, wie die Gestalt damals, die zu den Frauen am Grab sprach und zu uns sagte: „Entsetzt euch nicht!“
Würde das uns die Furcht vor dieser Zeit nehmen?
Und wenn er dann sagte: „Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier.“
Wenn er zu uns sagte: „Ihr sucht Jesus, aber sucht ihn nicht bei den Toten. Geht dahin, wo Euer zuhause ist.
Sagt Euren Familien und Freunden, dass Jesus lebt und dass er Euch vorangeht. Dass ihr ihn da sehen werdet, wo ihr lebt und wohnt.“
Wie viel traue ich heute dieser Botschaft zu?
Nimmt sie mir die Angst vor dieser Zeit?
Oder geht es uns wie den beiden, die am Grab die Botschaft hörten: Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemand etwas; denn sie fürchteten sich.
Das Zittern und Entsetzen ist groß Ostern 2021.
Fliehen wir und sagen niemandem etwas von der Osterbotschaft oder trauen wir ihr gerade jetzt etwas zu:
Der Botschaft vom Leben, der Botschaft, dass Jesus uns vorangegangen ist und dass wir ihn finden werden, wo wir zuhause sind?! Erzählen wir die Geschichte weiter – oder bleiben wir in unseren Ängsten stecken?
Was hatte sich der Evangelist Markus eigentlich dabei gedacht, als er sein Evangelium ursprünglich mit dem Vers enden ließ:
„Und sie sagten niemand etwas; denn sie fürchteten sich.“
Punkt. Ende des Evangeliums.
Ich stelle mir vor, wie Matthäus, ein Kollege von Markus reagiert: „Markus, das kannst Du nicht machen!
Warum bricht Dein Osterbericht hier ab?
Die Leute werden entsetzt sein, wenn sie das hören!
Also, ich mache das ganz anders.
Du kennst die Geschichte doch auch, wie Jesus den Frauen begegnet ist, als sie dass das Grab verlassen hatten. Wie er zu ihnen sagte: „Fürchtet Euch nicht!“ Wie sie ihn erkannten, berührten und dann den Auftrag bekamen: „Geht und verkündigt es den Freunden!“
Die Frauen wurden die ersten Zeuginnen der Auferstehung. Das ist SO wichtig. Wie kannst Du das weglassen? Das leere Grab allein – nur Worte – das reicht doch nicht um zu sagen: „Jesus lebt!“
Und ich stelle mir vor, wie Markus antwortet:
„Ja, ich weiß,“ sagt er nachdenklich und dabei guckt er ein bisschen provozierend: „Ja, aber ich denke auch, so ein „gutes Ende“, das hat auch immer etwas Abschließendes. Danach kann man besser schlafen… Aber Auferstehung! Das ist anders! Das ist keine abgeschlossene Geschichte. Ostern – hat ein offenes Ende.
Lass die Leute das mal hören und die Geschichte selbst weiter erzählen und vor allem: Lass sie nicht bei den ersten Zeuginnen – so wichtig sie sind – lass sie nicht bei der Geschichte stehen bleiben!
Lass sie selbst erzählen, was es Ihnen bedeutet, dass Jesus lebt. Wie er Ihnen begegnet ist – dort wo sie leben!
Ich probier das mal aus. Ich lasse das Ende offen…
Aber es ist auch gut, wenn du das anders machst. Und ich garantiere dir: Spätestens in 100 Jahren, wird mein Evangelium sowieso ein anderes Ende haben. Diese Geschichte will und wird weiter erzählt werden!“
Tatsächlich wurde im zweiten christlichen Jahrhundert an das
Ursprünglich offene Ende des Markusevangeliums noch eine kleine Zusammenfassung der verschiedenen Begegnungen, die Menschen mit dem Auferstandenen hatten ‚drangehängt. Der letzte Vers heißt heute: „Und der Herr wirkte mit ihnen und bekräftigte das Wort durch die mit folgenden Zeichen.“
Auferstehung! Das ist anders!
Das ist keine abgeschlossene Geschichte.
Ostern – hat ein offenes Ende.
Wir schreiben diese Geschichte vom Leben weiter,
vom Leben mit dem Tod und gegen den Tod,
mit der Pandemie und gegen die Pandemie,
mit dem was sie zerstört hat, und gegen diesen Abbruch dessen, was uns hält und verbindet.
Lasst uns die Botschaft mitnehmen in unser Leben und weiterschreiben mit dem, was wir mit dem lebendigen Gott erleben,
mit Jesus Christus, der unsere Wege mitgeht und der lebt, damit wir leben!
Frohe und gesegnete Ostern!
Ihr/Euer Pfarrer Dirk Stark